Patenkindbesuch bei Lo Yen in Vietnam

Mein Freund und ich hatten uns im Sommer dieses Jahres recht spontan dazu entschieden, nach Vietnam zu reisen und bei dieser Gelegenheit mein Patenkind vor Ort zu besuchen. Nachdem wir einige Tage in der Hauptstadt Hanoi verbracht haben, fuhren wir mit dem Nachtzug nach Sapa, eine hinsichtlich des Reisanbaus sehr bekannte Region Vietnams. Als wir nach einer circa 12-stündigen Fahrt in Sapa angekommen sind, stand uns eine weitere 3-stündige Fahrt mit dem Taxi bevor, bis wir dann endlich bei Nhu (so heißt mein Patenkind) angekommen sind. Plan hat sich großzügigerweise an den Kosten des Taxis beteiligt und sich auch um die Organisation vorab gekümmert.
Ich war ziemlich aufgeregt, da ich Nhu bis dato nur auf Bildern gesehen und einige Briefe mit ihr bzw. ihren Eltern ausgetauscht habe (sie selbst ist noch zu jung, um schon schreiben zu können).

Die Begegnung mit Nhu hat meine Erwartungen, soweit ich welche hatte, definitiv übertroffen! Noch nie zuvor habe ich ein Kind kennengelernt, welches - obwohl es einen noch nie persönlich gesehen hat - auf einen zugerannt kommt und einen sofort in die Arme schließt. Ich war wirklich überwältigt von ihrer herzlichen Begrüßung und ihrem Vertrauen und ihrer Zuneigung mir gegenüber. Während der gesamten Vorstellungsrunde (ich wurde neben Nhu außerdem noch von einigen Plan-Mitarbeiter*innen und den Eltern von Nhu in Empfang genommen) saß sie mir auf dem Schoß und stellte mir unentwegt Fragen, die mir eine Plan-Mitarbeiterin dann ins Englische übersetzte. Auch als wir anschließend in einer Art Community House zusammen zu Mittag gegessen haben, wollte sie sich unbedingt neben mich setzen und bei mir sein. Meinem Partner gegenüber zeigte sie sich auch sehr offen, nahm uns beide an der Hand und spielte mit uns.
Bei der Geschenkübergabe war sie völlig aus dem Häuschen und bedankte sich noch Stunden später dafür. Auch ihre Eltern haben mir erzählt, wie glücklich sie über meine monatliche Spende seien und wie sehr es ihnen hilft. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit solch einer Dankbarkeit ‚konfrontiert‘ werde, denn schließlich habe ich Nhu gerne als mein Patenkind und die Patenschaft nicht aus Gründen der Dankbarkeit übernommen, sondern um wirklich einfach nur unterstützend bei der Entwicklung eines Kindes dabei zu sein. Sie war wirklich wahnsinnig lieb und wir haben uns super verstanden, weshalb ich am Ende des Tages umso trauriger war, wieder gehen zu müssen. Auch sie äußerte ihre Enttäuschung, indem sie gar nicht mit ihren Eltern zurück nach Hause wollte, sondern immer wieder zurückgerannt kam, mir ein Küsschen gab und noch einmal auf den Armen genommen werden wollte. Ich hoffe wirklich sehr, dass ich sie bald wieder sehe und dass solche Patenschaft-Treffen wie meines bei all den anderen Paten mindestens genauso schön sein werden, wie es das bei mir war.

Plan Vietnam hat sich am Tag des Treffens mit meinem Patenkind wirklich sehr viel Mühe gegeben und konnte mir dadurch einen guten Einblick in die Arbeit einer NGO verschaffen. Die Vertreterinnen und Vertreter- ob Mitarbeiter*innen oder auch Ehrenamtliche- erzählten mir über die Regionen, in denen sie agieren, in welchen Bereichen die Spendengelder überhaupt eingesetzt werden, welche Fortschritte sie durch ihre Arbeit bisher verzeichnen konnten u.v.m.
Wir besuchten beispielsweise die Spiele- & Lesegruppe, die dank Plan für alle Kinder- egal welcher Altersklasse- kostenlos und frei zugänglich ist sowie einige Dorfbewohner und das Community House, in dem es ja wie oben beschrieben auch etwas zu Mittag gab. Das Essen wurde übrigens extra für unseren Besuch persönlich von ein paar Dorfbewohnern zubereitet und neben den Plan-Mitarbeitern, Nhu und ihrer Familie gesellten sich auch noch ein paar andere Ortsbewohner zum Mittagessen dazu. Darüber hinaus lernte ich durch Plan und Nhu kennen, wie vor Ort ‘gehaust‘ wird und worauf es bei der Unterstützung und Hilfe vor Ort von Plan wirklich ankommt.

Der Besuch war auf jeden Fall eine große Bereicherung für mich und ich habe mich sehr geehrt gefühlt, dass mich alle so herzlich willkommen geheißen haben. Dank ihnen konnte ich mir ein Bild von der Lage und Situation vor Ort machen und wie wichtig es ist, nicht nur durch die Patenschaft monatlich zu spenden, sondern auch sein Patenkind in dem Land, indem es wohnt, besuchen zu gehen, um ein richtiges Verhältnis aufbauen zu können und um noch mehr Interesse zu zeigen- an ihrem Leben. Ein Besuch ist es auf jeden Fall wert und ich würde mir ihn niemals nehmen lassen: es war eine wirklich tolle Erfahrung, wenn zugleich auch eine traurige. Während sich auf ‚der einen Seite der Welt‘ die Menschheit in Reichtum oder zumindest in Wohlstand und Sicherheit wälzt, existiert auf ‚der anderen Seite der Welt‘ tatsächlich auch das komplette Gegenteil. Dessen sollte man sich bei einem Besuch in Entwicklungsländern oder auch Schwellenländern bewusst sein. Trotz der Tatsache, dass noch viel zu viele Menschen in Armut leben und der Besuch bei ihr in Vietnam auch seine Schattenseite hatte, war er für mich einzigartig, und ich freue mich unheimlich darüber, dass ich Nhu auch weiterhin auf ihren Wegen begleiten darf.