2.503 Kalorien für ein besseres Leben

Foto: Tanzim Ahmed

Erst als an ihrer Schule im Norden von Bangladesch ein geschützter Raum für Kinder eingerichtet wird, erkennt Shahnaz, dass sie unterernährt ist.

Die üppig grünen Felder hier im Norden von Bangladesch erwecken den Eindruck als wären dort alle Menschen ausreichend gut versorgt. Doch Unterernährung stellt ein anhaltendes Problem für Kinder in dem südasiatischen Land dar – aus Mangel an Wissen und Ressourcen. Das trifft auch auf die heute 16-jährige Shahnaz zu. Erst als an ihrer Schule eine sogenannte „Jugendecke“ eingerichtet wird, verändert sich ihr Zustand.

Insbesondere Mädchen bekommen in Bangladesch aufgrund mangelnder Wertschätzung oft weniger Nahrungsmittel als Jungen. Zusammen mit einer einseitigen Kost kann dies direkte gesundheitliche Folgen bei den Heranwachsenden haben, und indirekt fördert anhaltende Unterernährung schädliche Praktiken wie Kinderheirat.

Junge Frauen zwischen falscher Ernährung und Body-Mass-Index

„Mit meinen Freundinnen verbringe ich gerne Zeit in der Jugendecke. Wir spielen, lesen oder sehen fern, das macht viel Spaß“, erzählt Shahnaz. In dem Jugendraum haben sie und die anderen Kinder Zugang zu Materialien, die sie über Ernährung sowie Pubertät und Gesundheit informieren. „Ich weiß nicht, ob andere Schulen auch solche geschützten Ecken haben, ob sie andere Tabellen und Lernmaterialien haben, aber hier sind sie für uns sehr nützlich. Wir Mädchen haben außerdem gelernt, welche Fehler wir während der Pubertät vermeiden sollten und wie wir unsere Periode sicher bewältigen können.“

Zwei Mädchen wiegen sich
Mit einfachen Mitteln erkennt Shahnaz (16, re.) die Symptome von Unterernährung Ziaul Haque

„Die Lernmaterialien sind für uns sehr nützlich.“

Shahnaz (16), Schülerin aus Bangladesch
Ein junges Mädchen lächelt
An ihrer Schule informiert sich Shahnaz über gute Ernährung und Gesundheit Ziaul Haque

Die Tabellen und Lernmaterialien, die im Rahmen des Projekts JANO ausgegeben werden, helfen den Schulkindern dabei, ihre Essgewohnheiten entsprechend ihres tatsächlichen Bedarfs anzupassen. JANO – das steht für „Joint Action for Nutrition Outcome“ und beinhaltet ein Gesundheitskonzept für bessere Ernährung. Mit dem ganzheitlichen Ansatz bekämpfen Schulen, Behörden und Hilfsorganisationen wie Plan International gemeinsam die Ursachen von Mangelernährung bei Jugendlichen. Eigens für sie eingerichtete Räume – die Jugendecken – unterstützen das Programm. Es gibt jungen Menschen mehr Kontrolle über ihr persönliches Wohlergehen.

„Die Projektbegleiter sagten mir eines Tages, dass ich meine Essgewohnheiten ändern müsse, weil ich an Unterernährung leide“, erinnert sich Shahnaz. „Früher habe ich täglich die hier typischen Lebensmittel gegessen – Reis, Kartoffeln –, aber anscheinend waren die Menge zu gering oder nicht nahrhaft genug.“ Jetzt weiß es die Schülerin besser: „In unserer Jugendecke gibt es eine Tabelle, auf der ich nachlesen kann, welche Lebensmittel wie viel Energie enthalten. Und ich habe gelernt, wie ich meinen Body-Mass-Index (BMI) berechnen kann. Vorher wusste ich nicht einmal, was das ist – also das Verhältnis von Körperform und -fett eines Menschen.“

„Die Projektbegleiter sagten mir, dass ich an Unterernährung leide.“

Shahnaz (16), Teilnehmerin eines Ernährungs- und Gesundheitsprojekts
Zwei junge Frauen diskutieren
Shahnaz (re.) hat in der Jugendecke ihrer Schule gelernt, wie sie den Body-Mass-Index (BMI) berechnen kann Ziaul Haque
Jungen laufen zwischen Hütten
Ein Dorf im Norden von Bangladesch Anika Büssemeier

Ein Projekt mit lebenswichtiger Zielsetzung

Das JANO-Projekt vereint mit Unterstützung von Plan International Aktivitäten in den Bereichen Ernährung, Gesundheit und Gender, um das Wissen, das Wohlbefinden und die Unabhängigkeit von Jugendlichen zu fördern. „Da ich 16 Jahre alt bin, brauche ich jeden Tag 2.503 Kilokalorien“, rechnet Shahnaz anhand der Arbeitsmaterialien in der Jugendecke vor. „Ich esse immer noch die Speisen, die ich früher gegessen habe, aber etwas mehr und gesündere Lebensmittel. Jetzt ist mein BMI perfekt! Wenn ich den BMI nicht kennen würde oder nicht wüsste, wie man ihn berechnet, wäre ich körperlich schwächer. Alle sollten über ihren BMI Bescheid wissen.“

Shahnaz sagt, dass sie viele Mädchen in ihrer Gemeinde kennt, die nicht zur Schule gehen können und daher auch keinen Zugang zu diesen lebenswichtigen Informationen haben: „Einige können aus finanziellen Gründen nicht zur Schule gehen, andere sind bereits als Kind verheiratet worden. Wenn ich also mit diesen Mädchen spreche, erzähle ich ihnen von den Informationen aus der Jugendecke. Ich erkläre ihnen, was passiert, wenn sie in jungen Jahren schwanger werden. Ich sage ihnen, wie sie sich während ihrer Periode hygienisch verhalten sollen. Und ich erkläre ihnen, wie sie gesund leben können. Sie hören mir aufmerksam zu, und ich habe festgestellt, dass sie ihre Gewohnheiten geändert haben.“

Kinder auf einer Theaterbühne
Auftritte vor Theaterpublikum sind für alle Beteiligten lehrreich Ziaul Haque
Mädchen sitzen auf Matten
Mit ihren Freundinnen verbringt Shahnaz gerne Zeit in der Jugendecke – zum Spielen, Lesen und Lernen Ziaul Haque

Das hat möglicherweise auch mit den weiteren Projektaktivitäten von JANO in sieben Bezirken der Distrikte Rangpur und Nilphamari zu tun: die Einrichtung von klimagerechten Gemüse- und Schulgärten, Trainings für mehr Gleichberechtigung an den Schulen sowie Karateunterricht und Theatergruppen. Gerade letztere informieren auf unterhaltende Weise auch jene Personen, die nicht unmittelbar Zugang zu den Jugendecken haben, über relevante gesundheitsfördernde Lebensweisen.

Gute Gesundheit – das ist auch eines von Shahnaz‘ Lieblingsthemen. Sie hat den Ehrgeiz, später Ärztin zu werden. Die Schülerin ist sich wohl bewusst, dass dies eine große Zielsetzung ist. „Dazu muss ich viele Prüfungen bestehen. Aber ich werde mein Bestes geben, um Ärztin zu werden. Ich möchte Gutes für meine Familie und die Gesellschaft tun.“

Marc Tornow hat Bangladesch mehrfach bereist und die Geschichte von Shahnaz mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.

Der Mädchen-Fonds

Der Mädchen-Fonds von Plan International leistet einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung von Benachteiligung, Armut und Gewalt. Mit Ihrer Spende können beispielsweise Projekte zum Schutz vor sexueller Gewalt und Ausbeutung, zur Einkommenssicherung sowie für gleichberechtigte, gesellschaftliche Teilhabe und Zugang zur Schulbildung umgesetzt werden. Damit Mädchen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten.

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